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“Brauchen wir Fintechs wirklich und sind die Anleger schon so weit?”

14 October, 2016   |   No comments   |   Written by Andy Aeschbach

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Artikel: Private Banking Magazin, publiziert am 14. Oktober 2016

Viel Lärm um nichts – oder eine bessere Version der etablierten Finanzdienstleister. Es geht um Fintechs und deren derzeitiger Siegeszug. Das Wachstum scheint gewaltig, aber ist es auch nachhaltig? Wo liegen Mehrwerte für den Kunden, wo gibt es auch für Robo Advisor Grenzen? Und worauf sollten etablierte Institute achten, die tätig werden wolle?

Aeschbach Andy, Private Banking Magazin

Andy Aeschbach war selbst lange Jahre im Private Banking tätig. 2013 gründete er die Beratungs- und Coaching-Firma Katana

Der nachfolgende Beitrag handelt vom Thema einer beinahe beispiellosen und fast unglaublichen Wachstumsgeschichte, derjenigen der Fintech-Branche. Die Frage ist nur, wie lange noch?

Seit dem Jahre 2010 haben sich die Investitionen in Fintech-Unternehmen in den USA und England offenbar vervielfacht. Dabei ist Großbritannien klar Vorreiter der Fintech-Branche in Europa (siehe nachfolgende Abbildung) ist.

Bisher stammte der Löwenanteil dieses Wachstums aus dem angelsächsischen Raum. Nun aber tut sich einiges auch in Deutschland, den Niederlanden, Israel und in der Schweiz. Man könnte meinen, überall und in allen Sektoren, wo Business Angels und Venture Capital Investments getätigt werden, sind wir sicher aufgehoben. Das stimmt aber leider nicht immer.

Deshalb werden Stimmen laut, wenn die Frage aufgeworfen wird, ob der ganze Sektor der Fintechs wohl bald zu einem Wachstumstop führt. Aus diesem Grund lohnt es sich, den intrinsischen Wert dieses Geschäftsmodells genauer zu analysieren, wobei man nicht nur Möglichkeiten, sondern unweigerlich auch Risiken findet.

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Quelle: UK Business Insider

 

Bedeutung von Fintechs

Was heißt Fintech genau? Angesichts dieser immer öfters zitierten Szene möchte ich versuchen, etwas mehr Klarheit zu schaffen.

Gemäß Wikipedia bedeutet Fintech ein Sammelbegriff moderner Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen. Lösungen im Versicherungsbereich werden als Insuretech bezeichnet. Finanztechnologie bezeichnet neuartige Lösungen von Anwendungssystemen, die eine Neu- oder Weiterentwicklung im Finanzdienstleistungsbereich darstellen.

Es fragt sich nun, wie sehr dieser Hype sich entwickelt oder ob wir bereits vor einer Konsolidierung stehen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass vielleicht das nächste Jahr bereits eine wegweisende Richtung aufzeigen wird. Das hat nur teilweise mit Fintech als solches zu tun. Denn jeder weiß, dass eine Bewegung genauso gut in eine andere Richtung pendeln kann.

Stellen Sie sich einmal vor, dass die virtuelle Welt ganz plötzlich negative Schlagzeilen macht, wenn man plötzlich herausfinden würde, dass man vertrauliche Informationen verlieren könnte oder an falsche Personen weiterleitet et cetera. Eine Erkenntnis dieser Art oder ein Leck diesbezüglich würde dann auch den Fintech-Bereich in Frage stellen.

Auf jeden Fall ist es logisch, dass neue und vereinfachte Technologien positiv auf Kundenbedürfnisse einwirken können, vor allem wenn es sich um verbesserte und günstigere Maßnahmen handelt, die uns das tägliche Leben erleichtern. Sei diese eine Überweisung, welche man noch schnell während der Zugfahrt vom Büro nach Hause erledigen kann, oder aber einer neuen und einfacheren Art von bargeldloser Zahlung (Twint oder Paymit).

Wie kürzlich ein Vertreter einer solchen Firma während einer Tagung erklärt hat, sind nicht andere Anbieter schuld daran, dass von den Fintechs keine zusätzlichen Marktanteile gewonnen werden. Der Grund liegt woanders. In der Schweiz, sowie auch in Deutschland und Österreich, sind schon einige dieser bargeldlosen Transaktionen gemacht worden.

Jedoch sind dies bis heute keine nachhaltigen Kunden, denn die meisten Menschen bezahlen immer noch lieber mit Bargeld – vor allem wenn die Beträge relativ klein sind. Die andere Alternative ist immer noch die Kredit- oder Debit-Karte. Somit also kann man einfache Bedürfnisse einer ganzen Bevölkerungsschicht nicht einfach von heute auf morgen verändern. Hier braucht es Zeit und Geduld.

 

Die Frage nach dem Mehrwert

Somit sind wir bereits schon bei einem der zentralen Fragestellungen aus der Welt des Fintechs, nämlich ob wir das denn alles wirklich brauchen und ob der Zeitpunkt nun schon da ist?

Wissen Sie, dass es bereits Kryptowährungen (Peercoin, Bitcoin et cetera) gibt? Seit einiger Zeit nämlich sind die Finanzdienstleister mit einer neuen Technologie beschäftigt, die als eine große Veränderung oder gar einer Revolution der Branche nahekommt. Man spricht davon, dass es um die Neugestaltung unseres Geldsystems geht. Bitcoin wäre dann das wohl bekannteste Beispiel einer Anwendungsmöglichkeit dieser sogenannten Blockchain-Technologie.

Das klingt alles gut, aber auch da lauern gewisse Risiken, wie zum Beispiel eine begrenzte Kapazität oder das Thema Sicherheit. Auch das gehört zu Fintech und deren Chancen und Gefahren und kann bis heute von wenigen Menschen abschließend beurteilt werden.

 

Sorgen und Herausforderungen traditioneller Institute

Es gibt sehr viele traditionelle Finanzdienstleister die sich vor der Fintech-Szene fürchten. Das ist verständlich, denn man kann sich nur abstrakt vorstellen, wie es die Branche verändern wird. Und tendenziell fühlt man sich nicht wohl, wenn man etwas nicht richtig einordnen kann oder einer Veränderung zu viel Respekt entgegenbringt.

Persönlich gehe ich aber davon aus, dass es für viele Banken oder Versicherungen auch eine neue Chance darstellen wird, wenn man diese richtig zu Nutzen versteht und auf die richtigen Pferde setzt. Das gilt nicht nur für die strategische Ausrichtung, sondern vielmehr auch mit wem man dies umsetzt und welche Leute man als Berater zu sich holt.

Meiner Meinung nach dürfen dies nicht nur Cracks aus Fintech-Start-ups sein. Es muss dafür gesorgt werden, dass auch Leute vom Fach, nämlich den Finanzdienstleistungen mitreden. Ansonsten kann schon mal vergessen werden, was schlussendlich der Kunde wirklich möchte. So wie sich Anbieter davor fürchten, einen Verlust an andere Marktteilnehmer zu verlieren, so kann man diese ebenso auch gewinnen (siehe Grafik unten), und erhält die Chance die Kernkompetenz zu erweitern.

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Die Verteilung der Bereiche

Eine richtige Gefahr sehe ich eigentlich nur, wenn man als Finanzdienstleister im digitalen Bereich mitmachen möchte ohne sich dabei genau zu überlegen, wo der Kundennutzen wirklich liegt. Es versteht sich von selbst, dass ein Mehrwert nicht nur intern für eine Bank oder eine Versicherung im Vordergrund stehen darf. Natürlich kann eine Optimierung der Prozesse auch kostengünstiger für die Kunden angeboten werden. Es sollte aber weitgehend darauf geachtet werden, was der Kundennutzen tatsächlich darstellt und dass man die Klienten damit nicht überfordert oder ihnen etwas aufzwingt.

Ein anderes Thema, dass man unbedingt einkalkulieren sollte, sind die internen Schnittstellen innerhalb eines Finanzinstituts und deren notwendigen Erweiterungen damit die existierende Plattform einer allfälligen neuen Lösung gerecht werden kann.

Wie bekannt sind die meisten IT-Plattformen oftmals überfordert, wenn es um neue Applikationen geht und alternative Lösungen funktionieren nicht immer einwandfrei, wenn man die Problematik der Schnittstellen dabei vergisst.

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Sind Fintechs denn kundenorientierter?

Nun gibt es aber auch fragliche Entwicklungen in der Welt des Fintech die einen Mitarbeiter einer Bank sowie auch Kunden erschaudern lassen. Ein Beispiel ist das Thema Robo Advisor. Da hat man die Befürchtung, dass man als Kundenberater bald mal ausgedient hat und man von Science-Fiction-ähnlichen Gestalten ersetzt wird. Oder dass ein Klient von einem Roboter zum Quartalsreporting eingeladen wird?

Dass einige der bereits bekannten Methoden und Applikationen im Fintech-Bereich für alle Parteien, Mehrwert bedeutet, leuchtet ein. Was aber sollte ein „Added Value“ eines Roboters darstellen, welcher in naher Zukunft Kunden betreut und deren Anlagen verwalten soll?

Keine Angst! Soweit wird es nicht kommen, denn in der Praxis werden Robo Advisor nicht so in Erscheinung treten, wie man dies befürchtet. Man darf dabei nicht an R2D2 von Star Wars denken. Vielmehr sind diese Robo Advisor einfach sogenannte Applikationen oder Terminals, jeweils mit modernen Technologien ausgestattet. Sie haben das Ziel, Anlagen für ihre Nutzer möglichst einfach zu gestalten. Die Idee dahinter ist ganz simpel. Nämlich ein Portfolio nach einer wissenschaftlichen und theoretischen Beurteilung zu verwalten, was dann wiederum zu erhöhten Erfolgschancen führen sollte – zumindest in der Theorie.

Das klingt doch schon mal gut, könnte man denken. Dass das in einer kundenorientierten Bank ohnehin bereits gemacht werden sollte, sofern man diese Philosophie wirklich verfolgt, liegt auf der Hand. Da braucht es keine Finanztechnologie. Der Kunde interessiert sich dabei eigentlich nur dafür, was diese ganzen Bits und Bytes schlussendlich kosten sollen?

 

Möglichkeiten und Grenzen von Robo Advisor

Andererseits sehe ich einer Art von neuen Konzepten sehr wohlwollend entgegen. Dabei handelt es sich um einen institutionalisierten oder automatisierten Ablauf eines Prozesses, welcher zuvor der Anlageberater mit den Kunden selber analysiert und überwacht hat.

Was nun bei dieser Art von Robo Advisor neu ist, wenn es um die Anlagen geht, sind die Ansätze aus der Welt der Behavioural Finance oder die Möglichkeit einer kalkulierten Voraussage und den dazugehörenden Verhaltensrichtlinien. Das klingt zwar positiv, ist aber zumindest bis heute ganz einfach unmöglich. Ansonsten verstehen wir entweder die Quantenphysik nicht, oder wissen sie nicht richtig zu interpretieren.

Die Gefahr besteht des Weiteren darin, dass man sich etwas Neues innerhalb vordefinierten Richtlinien vorstellt. Das ist aber oftmals nicht so in der Realität. Denn auch eine Robo-Advisor-Plattform weiß nicht im vornherein, was für markttechnische Auswirkungen, soziologische oder ökonomische Vorfälle für die Kapitalmärkte bedeutet.

Man kann es zuweilen vermuten, denkt sich jeder Vermögensverwalter oder Trader, wenn er diese Zeilen liest. Das ist richtig. Aber wie oft hat eine Antizipation als logische Reaktion auf eine Währung oder einen Index schlussendlich wirklich zum Erfolg einer Handelsposition geführt? So einfach ist es dann doch nicht.

Es wäre wohl eine Vorstellung wert, wenn man eines Tages einen Anruf eines Robo Advisors mit blecherner Stimme erhält, worin man darüber orientiert wird, dass man die anlagetechnischen Maßnahmen zwar genau eingehalten hat, das Vermögen aber trotzdem reduziert wurde. Vielleicht wird eines Tages ein Robo Advisor Gedanken lesen können, die Börsen kann er aber trotzdem nicht beeinflussen, geschweige denn voraussagen.

 

Die strategische Implementation

Die wichtigsten Grundlagen und Voraussetzungen zur Definition und Implementation einer Fintech-Strategie sind nicht nur die Systeme oder Applikationen, sondern mit Sicherheit die Personen, die diese Maßnahmen begleiten und verstehen sollten. Grenzenloser Pioniergeist sind hier nicht immer angebracht.

Ich plädiere hierbei unbedingt für Menschen mit Erfahrung aus unserem Geschäftsfeld der Finanzdienstleistung. Ansonsten nimmt man das Risiko in Kauf, die Kundeninteressen außer Acht zu lassen. Die aktuellen Entwicklungen sind, wie in jedem anderen Sektor auch, auf Profit ausgerichtet und dabei kommt es dann zu immer wiederkehrenden identischen Beispielen.

Ein Fintech Crack kreiert einen Start-up und seine Plattform wird früher oder später von einer Bank oder Versicherungsgesellschaft übernommen. Somit kann sich der Finanzdiensleister zusätliches Know-how sichern. Das ergibt durchaus Sinn für beide Parteien.

Man sollte sich aber genau bewusst sein, was man sich aneignet, um auszuschließen, dass man hier nicht in die falsche Richtung läuft. Denn nur, weil man unter Zugzwang steht, sollte man nicht irgendwo mitmachen.

Meine Beurteilung dazu ist ernüchternd. Oftmals bekomme ich den Eindruck, dass sich Finanzdienstleister einfach einen Teil eines Bereichs einverleiben und das Ganze in einer Art Nachtübung, nach Anweisung von Fachleuten, aufkaufen. Es kann schon mal vorkommen, dass man aus Gründen eines Mangels an Informationen, auf die falschen Pferde setzt. Das kann aber schnell teuer werden und ist beinahe nicht wieder gut zu machen.

Was momentan regelmäßig geschieht, ist zu jeder anderen Branche sehr identisch: Eine Fintech-Plattform und dessen Gründer werden von einer Bank übernommen. Danach wird der Kopf noch einige Zeit in der neuen Unternehmung tätig sein, bevor er dann entweder nur noch als externer Berater agiert oder sich wieder um ein neues Start-up kümmert.

So gesehen ist auch dieser Geschäftszweig nicht mehr und nicht weniger nachhaltig als andere, denn auch in diesem Fall wiederholen sich die Absichten der Profitmaximierung. Dieser Gedanke ist in unserer Welt des Shareholder Values an sich ein vertretbarer Gedanke, hat aber nichts mit einem Kundenmehrwert eines Finanzdienstleisters zu tun.

Allerdings gibt es auch erwähnenswerte Beispiele: So die Firma My Bucks, ein Fintech-Unternehmen aus Afrika, welches auch nach seinem Börsengang sich selbst treu geblieben ist, und ohne externe Engagements von Banken oder Versicherungen eigenständig geblieben ist. Bei My Bucks ist es sogar umgekehrt. Dort werden leitende Angestellte von Banken rekrutiert, welche somit das hausinterne Insourcing von Kompetenzen gewährleisten können.

 

Stellenausschreibung, bitte melden!

Zum Schluss habe ich noch einen Stellenbeschrieb entworfen für das Profil eines sogenannten Digital Banking Consultant oder Fintech-Experten. Diese Funktion kann man entweder intern besetzen oder mit einem externen Fachexperten vereinbaren. Wichtig dabei ist, dass dieser sich in beiden Welten (Technik & Finanz) auskennen sollte, vor allem aber verstehen sollte, was die Kundenbedürfnisse einer Bank oder Versicherungsgesellschaft ausmachen.

 

Das Stellengesuch:

  • Erfahrung im Umgang mit Definition und Implementation von Online- und virtuellen Lösungen
  • Know-How der grundlegenden und zentralen Themen im Bereich der digitalen Medien für Finanzdienstleistungen, inklusive deren Konsolidierung und Veränderungen
  • Mehrjährige Erfahrung als Berater aus der Finanzdienstleistung mit Affinität zum Fintech-Bereich
  • Hohes Verständnis aus einem wirtschaftlich und ökonomischen Umfeld und der Fähigkeit, die Zusammenhänge aus beiden Welten (Finanz & Digitale Medien) zu verbinden
  • Expliziter Sachverstand und die Kompetenz, Projekte dieser Art geleitet und implementiert zu haben
  • Tätigkeit im Consulting Bereich (intern oder extern), sowie Erfahrung aus dem Change-Management
  • Praxis aus der digitalen Industrie, E-Commerce, soziale Medien und deren Anwendungen
  • Team-Player und die Fähigkeit andere für Ideen zu begeistern
  • Hohe Selbstmotivation, Drive und Proaktivität, sowie die Fähigkeit etwas als Herausforderung und nicht als Problem zu bezeichnen
  • Eine gute Portion Humor und den Willen Erfolge zu feiern

 

Über den Autor:
Andy Aeschbach verfügt über eine 30-jährige Berufserfahrung im Private Banking, Asset Management und Investment Banking. Sein Fokus lag vor allem auf der operativen Geschäftsführung im Wealth Management. 2013 gründete er seine eigene Beratungs- und Coaching-Plattform, die Firma Katana-Coaching.

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